Medienforschung

“Worry Burnout“ – Wenn schlechte Nachrichten zum Dauer-Downer werden … und was das für die Medienforschung bedeutet

Corona, Energiekrise, Inflation oder Ukraine-Krieg – eine Schreckensmeldung jagt die nächste und lässt uns nicht mehr durchschnaufen. Gefühlt befindet sich die gesamte Welt aktuell in einem Dauer-Krisen-Modus und weitreichende globale Probleme sowie private Alltagssorgen der „kleinen Leute“ prägen die Nachrichtenlage. Was macht das auf persönlicher Ebene und mit der Medienlandschaft?

Burnout, der psychologische Begriff für eine alles verzehrende Erschöpfung, geistert seit Jahren im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit im Volksmund herum. Durch Krisen wie den Klimawandel, die Covid-19-Pandemie, den Krieg in der Ukraine, Inflation und steigende Lebenshaltungskosten fand die Bezeichnung ihre Anwendung auch bei generell steigenden Zukunftsängsten und Unsicherheiten. „Worry Burnout is real“ – schrieb die New York Times bereits 2021. Auftretende Symptome von Lustlosigkeit, einem innerlichen Leere-Gefühl oder sogar gesteigertem Wutpotenzial weisen auf eine psychische Belastung durch dauerhafte Ängste und Sorgen hin.

Doch welche Auswirkungen hat das Phänomen „Worry Burnout“ und der Dauer-Krisen-Modus möglicherweise auf das Fernseh- und Bewegtbildverhalten?

  • Ein Schutzmechanismus gegen die gefühlte Hoffnungslosigkeit ist es, die Stressoren auszublenden: Die Abkehr von negativ geprägten Nachrichten ist schon länger zu beobachten. Das Fernsehen als eine der wichtigsten News-Quellen bleibt davon nicht unberührt.
  • Wenn sich die Welt zu schnell dreht, suchen Zuschauer:innen wohlmöglich nach noch mehr Ablenkung von der eigenen Alltagswirklichkeit. Wir bemerken zunehmend, dass sich etwa die Bewegtbild-Bedürfnisse am Vorabend verändert haben und es noch stärker darum geht, den Alltag möglichst weit auszublenden. Lieber flüchtet man ganz weit weg von der eigenen Realität in fiktive Welten statt das Abbild der eigenen Realität in diversen Reality- und News-Formaten reproduziert zu sehen.
  • Der gegenwärtige Zustand von Unsicherheiten kann die Suche nach der „großen Lösung“ aller Probleme bestärken und einen Paradigmenwechsel vorantreiben. So wird der Wunsch nach konstruktivem, positivem Journalismus immer stärker. Es stellt sich die Frage, wie Informationen künftig erzählt und vermittelt werden müssen, welche Rolle Datenjournalismus in Zukunft spielen wird und welche Storytelling-Schätze noch zu heben sind.
  • Auch das Sehmotiv Nostalgie spielt eine immer stärkere Rolle in unsicheren Zeiten. Man sucht Schutz und Stabilität in persönlichen Erinnerungen an vergangene, unbeschwerte Zeiten – auch übertragbar auf alte Sendungen, die man gerne geschaut hat. Passend dazu rollt die Retro-Welle durch die deutsche Show-Landschaft – Neuauflagen von „Wetten, dass..?“, „Der Preis ist heiß“ oder „Die 10.000 Mark Show“ füllen die Primetime-Slots privater wie öffentlich-rechtlicher Sender.
  • Und auch das ist zu beobachten: Die schleppende Corona-Politik und das träge Krisenmanagement im Ukraine-Konflikt haben die deutsche Bevölkerung grundsätzlich in ihrem Sicherheitsbedürfnis verunsichert, worunter auch das Vertrauen in Institutionen wie die Polizei leidet. "Unklar ist, ob sich dieses Misstrauen auch auf Polizei-Serien und Krimis projiziert und gar die Formatbindung zu Kriminalsendungen verringern könnte."

Wir sehen: Die Auswirkungen des Dauerkrisen-Modus auf die Mediennutzung und das Fernsehverhalten sind vielfaltig und noch deutlich stärker zu beforschen. Wir bei Psyma Medienforschung haben bereits in unterschiedlichen Studien Hypothesen dazu aufgestellt und untersucht.

Möchten auch Sie wissen, ob Sie noch die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe treffen und was Sie im Zweifel ändern müssten? Sprechen Sie uns an.

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Thomas Kolbeck
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