Finanzmarktforschung

Geldanlage: Wie legen unterschiedliche Finanz-Typen an? 

Die aktuell hohe Inflation macht vielen Deutschen zu schaffen. Die gleichzeitig steigenden Zinsen führen einerseits zu teureren Krediten, andererseits ermöglichen sie zumindest geringe Gewinne im Rahmen von Geldanlagen.

So feiern aktuell die in der Vergangenheit beliebten Fest- und Tagesgeldkonten mit attraktiven Konditionen ein Revival. In unserer aktuellen Studie haben wir daher beleuchtet, welche Geldanlagen bei den Deutschen aktuell beliebt sind, was den Deutschen generell bei Geldanlagen wichtig ist und wie sich dies in den letzten Jahren verändert hat. Hierfür haben wir die identischen Fragen im Januar/Februar 2022 sowie im Mai 2023 gestellt (einen Teil der Fragen auch bereits im Frühjahr 2021).

Welche Anlageprodukte werden genutzt und weshalb?

Vorab lässt sich sagen, dass im Jahr 2023 weniger als die Hälfte der Deutschen aktuell überhaupt eine Form der Geldanlage nutzt. Rund 49% der Befragten geben an, keine Anlageprodukte zu besitzen – das sind minimal mehr als im Vorjahr (47%) und vor allem deutlich mehr noch als 2021.

Die Mehrheit besitzt ein einziges Anlageprodukt (26%). Ca. 13% haben zwei Anlageprodukte und etwa 11% nutzen drei oder mehr Anlageprodukte.

Frage 1: Anzahl verschiedener Anlageprodukte 

Die beliebteste Art der Anlage ist und bleibt das Tagesgeldkonto: Jeder vierte Deutsche besitzt mindestens ein Tagesgeldkonto. Den zweiten Platz teilen sich mit 15% die Aktiendepots und die Bausparverträge.

Die Nutzung der Anlageprodukte hängt logischerweise stark mit dem Einkommen zusammen. Bei Personen mit einem niedrigen Einkommen lassen sich bei allen Produkten deutlich geringere Anteile feststellen als bei mittlerem oder insbesondere bei hohem Einkommen.

Frage 2: Nutzung Geldanlage-Möglichkeiten

Zudem können beim Anlageverhalten deutliche Unterschiede im Hinblick auf die Psyma „Finanz-Typen“ erkannt werden. Psyma hat in der Vergangenheit eine eigene Typologie entwickelt, nach welcher Personen auf Grundlage ihres Anlageverhaltens und ihres Wissens über Anlageformen und Finanzen verortet werden können:

Das Tagesgeld erfreut sich über alle Gruppen hinweg, aber vor allem bei „Digitalen Optimierern“ großer Beliebtheit. 28% der „Chancenorientierten Finanzexperten“ geben an, aktuell über ein Aktiendepot zu verfügen. Unter den „Digitalen Optimierern“ haben noch ca. 20% ein Aktiendepot, bei den restlichen Typen sind es deutlich unter 20%. Auch bei den ETFs springen die Unterschiede zwischen den Typen deutlich ins Auge. Während 20% der „Chancenorientierten Finanzexperten“ angeben, in ETFs zu investieren, sind es unter den „Digitalen Optimierern“ noch 13% und unter den restlichen Typen jeweils nur deutlich unter 10%. Auf Bausparverträge setzten heutzutage in erster Linie „Service-bedürftige Onliner“.

Frage 2: Nutzung Geldanlage-Möglichkeiten – nach Finanz-Typen

 Bei der Wahl eines Anbieters bleiben Seriosität und Vertrauen die wesentlichen Entscheidungskriterien. Aber auch die Sicherheit des zu Grunde liegenden (IT)-Systems zum Wertpapierhandel hat stark an Bedeutung gewonnen.

Des Weiteren lässt sich aufzeigen, dass in Bezug auf die Produkteigenschaften das Thema Sicherheit mit 53% Top1-Wert immer noch das mit Abstand wichtigste Kriterium ist. Aspekte wie Rendite, Streuung des Risikos, Gewinnmaximierung, Flexibilität, Transparenz und Laufzeit werden jeweils auf einem ähnlichen Niveau als durchaus wichtig empfunden. Im Vergleich zu 2022 spielt Sicherheit jedoch aktuell eine kleinere Rolle während Rendite, Streuung des Risikos und Gewinnmaximierung stark an Bedeutung zugelegt haben. Auch Nachhaltigkeit ist wichtiger geworden, ist aber weiterhin mit Abstand das unwichtigste Kriterien bei Geldanlageprodukten.

Frage 3: Wichtige Kriterien für Anlageprodukte

Die Beschaffung der Informationen über die eigenen Geldanlagen findet allgemein in einer moderaten bis hohen Frequenz statt. Ein Großteil der Anleger informiert sich mindestens wöchentlich über die angelegten Produkte und deren Entwicklungen. Bei ETFs und Aktiendepots kontrolliert etwa ein Drittel der Anleger deren Entwicklungen (nahezu) täglich. Insgesamt informieren sich vor allem ETF-Besitzer deutlich seltener über Ihre Anlage als noch in 2022.

Es lassen sich hier auch klare Unterschiede zwischen verschiedenen Finanz-Personas erkennen, denn „Chancenorientierte Finanzexperten“ und auch „Sicherheitsorientierte Eigenständige“ halten sich deutlich häufiger tagesaktuell auf dem neuesten Stand als die restlichen Typen.  

Frage 4: Informationsroutine bei Geldanlagen

Im Gegensatz zur Informationsfrequenz ist die Häufigkeit der Käufe und Verkäufe insgesamt unverändert niedrig.

Frage 5: Häufigkeit Trading-Handlungen

Die Frage, welche Art von Aktiendepots bei Deutschen am beliebtesten ist – online oder klassisch – , lässt sich heute klar beantworten: 73% entscheiden sich für das Online-Depot, um es in der Folge in Eigenregie zu verwalten und jederzeit Einblick zu haben. Der Besitz eines klassischen Depots (20%) mit Anlageberatung wird in Deutschland zunehmend zur Seltenheit. Lediglich „Servicebedürftige Onliner“ setzen verstärkt auf die klassische Anlageberatung. Der Trend aus 2022 hin zum Online-Depot und weg von der Anlageberatung setzt sich somit in aller Deutlichkeit fort.

Fazit:

Das Anlageverhalten der Deutschen kann als moderat/ zurückhaltend beschrieben werden, was sich im Laufe des letzten Jahres auch nicht verändert hat. Nur etwa die Hälfte der Deutschen investiert aktuell in Anlageprodukte und davon wiederum nutzt die Mehrheit nur ein einziges Produkt. Das beliebteste Produkt ist nach wie vor das Tagesgeldkonto, gefolgt von Aktiendepot und Bausparvertrag, wobei die meisten Anlageprodukte seit 2022 Kunden eingebüßt haben. Bei der Wahl des Anbieters sind Seriosität und Vertrauen die entscheidenden Kriterien, während die Sicherheit bei der Wahl des Anlageprodukts die höchste Relevanz besitzt. Doch es zeigt sich bei vielen Deutschen seit 2022 ein leichter Trend weg vom Sicherheitsdenken und hin zu einer renditefokussierten Strategie. Die Informationsbeschaffung über die eigenen Anlagen findet in der Regel in einer moderaten bis hohen Frequenz statt, wobei sich vor allem ETF-Besitzer seltener über ihre Anlage informieren als noch im vergangenen Jahr. Transaktionen finden insgesamt eher in einer geringen Frequenz statt. Das Online-Depot überzeugt als Option für die Aktienanlage zunehmend mehr Menschen und hat das klassische Depot mittlerweile nahezu abgelöst.

Methodik:

Für die vorliegende Studie wurde im Online-Access-Panel eine repräsentative Quotenstichprobe der Bevölkerung in Deutschland im Alter von 18 bis 69 Jahren gezogen. Quotenstichproben beruhen auf einer bewussten Auswahl von Befragten, wobei die Repräsentativität für die definierte Grundgesamtheit anhand der Merkmale Geschlecht, Alter, Wohnort und Haushaltsnettoeinkommen gewährleistet wurde. Befragt wurden 1.443 Personen zwischen dem 2. und 11. Mai 2023 sowie 1.057 Personen zwischen dem 17. Januar und 13. Februar 2022 unter anderem zu dem Thema Geldanlagen. Zusätzlich wurde ein Teil der Fragen bereits vom 29. März bis 26. April 2021 an 875 Personen gestellt.