Interview

Digital Talk mit Politik und Psyma - Interview mit Marlene Mortler, MdB

Ende April hatte der CSU Ortsverband Röthenbach zum "Digital Talk" eingeladen. Neben der Bundestagsabgeordneten und Landwirtschaftsexpertin, Marlene Mortler, (mittlerweile ins Europaparlament gewählt) waren die Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär, und Dr. Frank Knapp, CIO der PSYMA GROUP AG, Talk-Gäste. Die Fragen stellte die Stadt- und Kreisrätin Cornelia Trinkl, die auch durch den Abend führte und für eine angeregte Diskussion sorgte. Mit dem "Digital Talk" bot sich auch zahlreichen Bürgern die Möglichkeit, sich aus erster Hand über aktuelle Entwicklungen in Sachen Digitalisierung aus Sicht der Politik und der Wirtschaft zu informieren.

Deutschland liegt zurück

Nach einer Standortbestimmung und der Klärung der Bedeutung des digitalen Wandels für unsere Gesellschaft wurde zunächst eine negative Zwischenbilanz gezogen. Im Vergleich zu anderen Ländern sei der digitale Fortschritt in Deutschland mangelhaft und Dr. Frank Knapp von Psyma forderte als Vertreter der Wirtschaft die Politik auf, dem Rückstand mit Investitionen in die Digitalisierung zu begegnen. Staatsministerin Bär kritisierte die schleppende Entwicklung der Digitalisierung im Bildungssystem. Dabei bezeichnete sie den "Föderalismus im Bildungssystem als Totengräber" und berichtete über endlose Debatten der Länder um Kosten, statt sich um eine zeitgemäße Ausrichtung des Unterrichts zu kümmern. Positive Entwicklungen sieht Dorothee Bär im Bereich der Verwaltungen.

Positive Ansätze müssen gefördert werden

"Über positive Erfahrungen würde auch der Effekt, den Nutzen der Digitalisierung zu erkennen und zu nutzen verstärkt", so der Marktforscher Dr. Knapp. Marlene Mortler unterstrich als Sprecherin der Landwirte die Bedeutung der Digitalisierung in der Landwirtschaft als notwendige Entwicklung, die von der Politik gefördert werden muss. Da sich Digitalisierung im Kontext mit der Landwirtschaft nicht so einfach erschließt, möchten wir darauf im Besonderen eingehen. Dazu haben wir mit Marlene Mortler nachfolgendes Interview geführt.

Interview mit Marlene Mortler, MdB

Frau Mortler, die Digitalisierung durchdringt sämtliche Lebensbereiche – auch die Landwirtschaft. Was wurde bislang denn konkret unternommen?

Mortler: „Zu Beginn der Legislaturperiode wurde im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine neue Digitalisierungsabteilung gegründet. Von 2019 bis 2022 sind jährlich 15 Millionen Euro ausschließlich für digitale Techniken auf dem Acker und im Stall vorgesehen, insgesamt also 60 Millionen Euro. Damit wird auf landwirtschaftlichen Betrieben untersucht, wie digitale Techniken optimal zum Schutz der Umwelt, des Tierwohls, der Biodiversität und zur Arbeitserleichterung eingesetzt werden können. Des Weiteren werden 29 Millionen Euro in die Big Data-Forschung zur Steigerung der Ressourceneffizienz in der Agrartechnik investiert.“

Und warum ist das so wichtig?

Mortler: „Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Wir müssen uns stets vor Augen führen, dass auch 2018 viele Menschen an Hunger und Unterernährung litten. Die Weltbevölkerung soll im Jahre 2050 auf 9,77 Milliarden Menschen ansteigen. Es ist die Aufgabe der Landwirtschaft, die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen. Gleichzeitig sehe ich aber auch, dass die Ressourcen immer knapper werden. Die zentrale Frage lautet also: Wie kann ich auf weniger Fläche für immer mehr Menschen ausreichend Lebensmittel produzieren und gleichzeitig unsere Ressourcen schonen? Gerade deshalb sehe ich den Einsatz moderner Technologien in der Landwirtschaft für dringend erforderlich. Diese Technologien helfen den Landwirten dabei, Ressourcen zu sparen, die Effizienz zu erhöhen, qualitative Erträge zu sichern und damit auch die Umwelt zu schützen.“

Wie digital sind unsere Äcker schon und wie kann diese Technik konkret unsere Landwirte unterstützen?

Mortler: „Im April und Mai haben unsere Bauern den Mais ausgesät für diese Saison. Dabei nutzen bereits einige Landwirte GPS gesteuerte Lenksysteme. Damit wird der Traktor Zentimeter genau über den Acker gesteuert. Durch den Wegfall von Wirkstoffen und steigende Auflagen wird es immer schwieriger, chemischen Pflanzenschutz sachgerecht anzuwenden. Mithilfe digitaler Technik werden Pflanzenschutzmittel immer präziser und damit bedarfsgerecht eingesetzt. Alternativ können Landwirte zum Beispiel mit einer Kamera gesteuerten Hacke die Ungräser und Unkräuter mechanisch beseitigen. Dennoch benötigt es weitere Forschung, um die Entwicklung weiter nach vorne zu treiben. Und vor allem für kleinere Betriebe muss die Digitalisierung praktisch, machbar und bezahlbar werden.“

Welche Rahmenbedingungen werden benötigt, um diese Neuerungen in der Landwirtschaft umzusetzen?

Mortler: „Als erstes benötigen wir einen flächendeckenden Breitbandausbau sowie den schnellen Ausbau der 5G-Netze im ländlichen Raum. Diese unterstützen die Präzisionslandwirtschaft und helfen bei der Überwindung der digitalen Spaltung in Deutschland. Des Weiteren ist es wichtig, dass Schnittstellen standardisiert werden. Nur so können Produkte unterschiedlicher Hersteller miteinander kommunizieren. Landwirte müssen in der Ausbildung wie auch in der Beratung unterstützt werden. Landwirte sind keine IT-Spezialisten – dennoch brauchen sie eine fundierte Entscheidungsgrundlage.“

Thema Datenschutz: Welche Risiken müssen bei der Digitalisierung in der Landwirtschaft beachtet werden?

Mortler: „Im Hinblick auf die Fragen der Datenhoheit und der Datensicherung muss sichergestellt werden, dass die Daten nicht von Dritten zum Nachteil der Landwirtschaft genutzt werden können. Zudem gilt es, Abhängigkeiten zu vermeiden. Um zu ermitteln, welche Maßnahmen hierfür notwendig sind, soll in einem Forschungsprojekt untersucht werden, welche technischen und rechtlichen Anforderungen geschaffen werden müssen. Eine wichtige Frage muss hierbei sein, ob und wie eine digitale Agrarplattform organisiert werden muss. Zudem muss die Betriebssicherheit der technischen Hilfsmittel gewährleistet sein. Dies bedeutet, dass die Technik gegen illegale Hackerangriffe sowie technische Störungen allzeit gewährleistet sein muss.“

Vielen Dank für das Interview.

Marktforschung in der Landwirtschaft

Psyma begleitet auch Unternehmen der Agrarindustrie & Agrartechnik bei der Planung und Umsetzung der Digitalisierung in der Landwirtschaft. Mit Potenzial-Analysen können Erfolgsaussichten abgeschätzt und die Entwicklung von Konzepten gelenkt werden. Durch Einbezug der Anwender und Landwirte in die Marktforschung werden Produktneuerungen zielgruppengerecht, z.B. hinsichtlich Usability oder Produktnutzen, optimiert.