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Anti Bias in der Marktforschung - Warum wir Stereotype hinterfragen (sollten)

Stereotype begleiten uns tagtäglich – auch in der Marktforschung. Sie helfen uns, Informationen schneller zu verarbeiten, sind tief in unserer Kultur verankert und beeinflussen unsere Urteile – ob bewusst oder unbewusst.

Doch genau hier liegt die Herausforderung: Wie gehen wir als Marktforschende damit um, wenn wir oder unsere Testpersonen über echte Menschen urteilen? Stereotype können bei Hinzugabe einer Bewertung zu Vorurteilen führen und sogar Grundlage für Diskriminierung sein.

Was bedeutet dies für die Menschen vor der Kamera, die durch die Marktforschung gehen?
Und was bedeutet das für die Unternehmen, die mit einem Face zusammenarbeiten möchten?

Mit diesem Artikel möchten wir zum Nachdenken anregen und sensibilisieren.

Ein Plädoyer für einen sensiblen und bewussten Umgang mit Personen in Faces-Studien

Unsere Analysen in der Marktforschung haben Auswirkungen: Wir untersuchen Werbegesichter, Influencer:innen, Schauspieler:innen, Testimonials, Talents, Moderator:innen – Menschen, deren Potenzial unsere Testpersonen bewerten und über deren Zukunft wir mitentscheiden.

Der sensible Umgang findet auf unterschiedlichen Ebenen statt: Zunächst sind wir Marktforscherinnen und Marktforscher dazu angehalten, uns unserer eigenen Stereotype bewusst zu werden und DEI Prinzipien (Diversity, Equity, Inclusion) im Unternehmen und Team zu leben.

Aber nicht nur wir denken in stereotypen Mustern – auch unsere Testpersonen. Stereotype existieren in der Gesellschaft – aber unserer Ansicht nach genügt es nicht, sie nur zu dokumentieren. Unsere Aufgabe ist es auch, sie zu hinterfragen und gemeinsam mit unseren Auftraggeber:innen daran zu arbeiten, strukturelle Klischees nicht weiterzutragen, um die unanalytische Reproduktion von Stereotypen zu vermeiden.

Ansätze für eine bewusstere Marktforschung

Ein Perspektivwechsel kann helfen: Haben Sie schon einmal versucht, sich ein weibliches Testimonial als Mann vorzustellen – oder umgekehrt? Würden Sie ihr die gleichen Eigenschaften und Kompetenzen zuschreiben?

Ein Beispiel: Ein weibliches Mediengesicht wurde in einer Studie als „vorwitzig“ beschrieben. Ist das ein Adjektiv, das man auch für einen Mann verwenden würde?

Genau hier setzen wir an. Um Stereotype zu hinterfragen, können verschiedene Strategien angewendet werden

Den Spieß umdrehen: Das obige Beispiel zeigt, dass sich ein Perspektivwechsel lohnt. Nicht nur Geschlechter können umgekehrt werden, genauso Hautfarbe, Alter usw.

Interne Sensibilisierung: Ein diverses Arbeitsteam erkennt Biases schneller und sorgt für eine differenziertere Analyse.

✔ „Neutrales“ Framing: Zusammen mit den Testpersonen definieren wir im Vorfeld ein neutrales „Idealbild“, um Urteile von Klischees zu lösen.

Technologische Unterstützung: Künstliche Intelligenz kann helfen, offene Antworten oder Transkripte nach Stereotypen zu screenen und uns Forschende dabei unterstützen, kritischer hinzuschauen.

Enge Zusammenarbeit mit Auftraggeber:innen: Gemeinsame Abstimmung darüber, wie DEI-Kriterien (Diversity, Equity, Inclusion) bereits in der Studienkonzeption und Berichterstattung berücksichtigt werden können.

Und nun?

Unsere Denkanstöße sind gesetzt – aber die Diskussion geht weiter und betrifft weit mehr als Geschlechterstereotype: Hautfarbe, Religion, Ethnie, Hobbies, Alter uvm.

Was meinen Sie?

Treten Sie gern mit uns in Kontakt, um weiter zu diskutieren oder unseren Ansatz für eine sensible Faces-Forschung noch besser kennenzulernen.

Michelle Wegerer & Konstanze Schachinger
michelle.wegerer@psyma.com
konstanze.schachinger@psyma.com